Schönes Wetter heute.

Von der Düne rollt eine Nebelbank auf die Hauptinsel zu. Wenige Minuten später hüllt sie den Leuchtturm im Oberland ein.

Hmm, können wir vielleicht nochmal das Bild von vorvorgestern abends haben? (*Klick* *Klick* *Klick*)

Na bitte. Geht doch.
Aber mit dem Begriff “schönes Wetter” hat es hier ja eine eigene Bewandtnis. Das weiß ich von einem unserer Handwerker, der beruflich häufig auf den Hausdächern herumklettert, also ein Experte.
Schönes Wetter ist nämlich auch dann, wenn der Regen von oben nach unten fällt anstatt von links nach rechts oder umgekehrt. Oder in der Nähe der Steilklippe auch mal von unten nach oben.
Also:
Die ganze letzte Woche hatten wir schönes Wetter. In der Woche davor ging es ja etwas stürmischer zu. So stürmisch, dass der Wellenschlag im Wattenmeer das Helgolandkabel demolierte. Daraufhin gingen zwar nicht alle Lampen aus auf dem Felsen (yay!), aber ab Freitagnachmittag begann die Internetverbindung mehr und mehr zu bröseln, um sich dann für den Rest des Wochenendes komplett frei zu nehmen (buh!).

Das war dann sensationell genug, um es auf die Nachrichtenseiten des Spiegel und der Tagesschau zu schaffen.

Habe ich schon mal erwähnt, dass das Leben im Inselwinter meist eher sensationsarm ist?
Da gibt es dann Schönwettertage, an denen die Auftragsbörsen für Autoren- oder IT-Jobs praktisch leergefegt sind, es sei denn man möchte einen superinformativen Unique-Content-Text von mindestens 2.500 Worten über Wackelpudding schreiben. Waldmeister, um genau zu sein. Und positiv, mit Kaufanreiz.
Es gibt auch Tage, an denen ich dann doch wieder zuviel auf Newstickern herumklicke und durch die Pandemie-Dauerberieselung einen Anfall von “drowning by numbers” bekomme.
Als wären die Infektions- und Todeszahlen nicht schon gruselig genug, sind sie merkwürdigerweise nie (?) ins Verhältnis zur Einwohnerzahl eines Landes gesetzt. Also habe ich meine Mathekenntnisse aus der siebten Klasse wieder ausgegraben und mit Stift und Papier einen Dreisatz ausgerechnet.

Und, weil so schönes Wetter war, gleich einmal in eine Tabellenkalkulation eingetragen.
Bestimmt ist dieser Ansatz auf mindestens zwölfeinhalb Arten und Weisen zu platt. Oder möglicherweise wären in Deutschland gut 50.000 Menschen mehr gestorben, wenn die Dinge so gelaufen wären wie in den USA.
Hm.
Übrigens sind die Zahlen in der Tabelle schon über eine Woche alt. Nein, ich aktualisiere sie nicht täglich. Das ist doch auch irgendwie eine gute Nachricht.

Stattdessen gehe ich mit Fe an den Nordost-Strand und sammle Strandglas.
Das ist gut für die Umwelt, denn eigentlich ist das Jahrzehnte alter Glasmüll, den die Nordsee glattgeschliffen hat. Außerdem sieht es schick aus, wenn man ein Marmeladenglas damit füllt und von unten beleuchtet.

Tja. Schönes Wetter heute. Wieder einmal.
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