Stadt im Sommer und Schrödingers Katze

…. – das ist einer der Gründe, warum man wegfährt. Neue Eindrücke sammeln, sich inspirieren, treiben lassen. Ich hatte keine Pläne für meine Reise.

Nachts in Frankfurt wehte mich schon ein warmer Nachtwind an, als ich zum ersten Mal beobachtete, welche Auswirkungen das 9-Euro-Ticket hat. Selten sah ich um Mitternacht so viele Leute auf einem Bahngleis stehen, um noch den Regionalzug Richtung Mannheim zu erwischen. In dieser Nacht waren es hauptsächlich Twenties, die von einem Party-Event zurückkamen.

Tags darauf in D. herrschte eine Hitze, die ich nicht mehr gewohnt bin. Hatte ein klein wenig Sehnsucht nach frischem Seewind. Also keine Touren durch die Stadt, sondern spazieren durch den Kiez. –

Hin und wieder gibt es schöne Kleinigkeiten

in Vorgärten zu entdecken –

oder ein merkwürdiger Zuschauer blinzelt auf die Straße hinab.

Treiben durch Buchhandlungen – ein Genuss, dem ich in D. immer nachgehe. Und diesmal springt mich ein Buch an.

Klar, bei dem Titel – und Quantentheorie wollte ich immer schon besser verstehen. Habe ich dann auch, denn es vollzieht die Geschichte der Quantentheorie gut nach. Und ich begriff, wie tief und wie weit die Quantentheorie bereits mein Alltagsbewusstsein durchdrungen hat. Dennoch blieb meine eigentliche Frage nach Energiephänomenen und -wahrnehmungen unbeantwortet. Naja – muss nicht alles auf einmal beantwortet werden.

Schrödingers Katze wird mir im Gedächtnis bleiben ,-)) – ich finde es nicht befremdlich, dass etwas gleichzeitig in zwei unterschiedlichen Zuständen existieren kann.

Im Herrngarten stehen jetzt Kompoletten –

whow, ob es die wohl dieses Jahr auch auf dem Festival geben wird?

Besuch der beiden Schwestern.

Der Tag ist dunkel. Schwer hängt eine Glocke von Staub, Hitze und tiefliegenden Wolken über der Stadt. Auf der Mathilde dagegen gibt es ein wenig Frische

– und einen Blick bis in die Pfalz.

La nuit il pleut.

Ich fahr’ mal los (Prolog)

Die letzten Wochen vor den Ferien waren durchdrungen von den Dingen , die alle noch unbedingt vor den Ferien erledigt werden müssen. Ich dachte ernsthaft darüber nach, ob man die letzte Woche vor den Ferien nicht einfach ersatzlos streichen sollte….

dann waren sie da – die freien Tage – alle Probleme gelöst – ich konnte fahren. Diesmal mit der MS Nordlicht, einem kleinen Katamaran, der den Weg nach Cuxhaven in 75 Minuten abreitet.

Es ist wie Busfahren, wenig spektakulär, ein Spaziergang über das Fahrzeug ist eher langweilig, die Außengalerie begrenzt und sie gewährt auch nur den Blick zurück. Aber immerhin, die Fahrt bringt insgesamt einen Zeitgewinn von drei Stunden und damt die Chance, nach Süddeutschland durchzurutschen, ohne irgendwo drei oder vier Stunden nächtens auf einem Bahnhof zubringen zu müssen.

Früher (ich spreche von den 80ern – ;-)) war das kein Problem, denn im Sommer saßen genug Rucksackreisende vor Bahnhöfen herum. Man setzte sich dazu, kam ins Klönen und wartete gemeinsam auf den nächsten Anschluss. Tja, times ‘re changing – and now …. findest du mit Glück einen freundlichen Berber, der dir seine Lebensgeschichte erzählt …. das war aber eine andere Geschichte vor sechs Jahren…..

Die anschließende Bahnreise verlief ohne besondere Vorkommnisse – das ist keine Selbstverständlichkeit (leider!). Und in diesen Genuss kommt man offensichtlich nur als ICE-Reisende.

Was wird mich erwarten? – Meine Gefühle gemischt – den letzten Abschnitt meiner Reise würde auf das Festival führen, auf dem T. und ich uns kennen gelernt hatten …..

Summer in the City

On the road again – diesmal eine nächtliche Autofahrt mit meinem Bruder durch den Odenwald, den wir beide gut kennen – ein Jahr lang war unser Vater nach L. versetzt, um dort ein Schullandheim zu leiten. Es waren mit die schönsten Monate meiner Kindheit.

Später lebte mein Bruder noch einmal ein Jahr im ‘Wald’ – also mehr als genug Gesprächsstoff für eine nächtliche Tour.

Meine vierbeinige Freundin ist gewachsen und darf inzwischen den Garten untersuchen.

Wir sind im zweiten Corona-Sommer. Mich interessiert, wie sich dies in einer Stadt anfühlt.

Fast scheint es, als sei Corona gewesen,

wären da nicht die Testzentren an jeder zweiten Straßenecke.

Man betritt – wie auf dem Felsen – Innenräume mit Maske. Aber Abstandsregeln scheint es nicht mehr zu geben.

Doch, doch – es gibt sie, zum Beispiel bei der Anmeldung für einen Besuch im Krankenhaus oder im Café des Hofgutes. Also offensichtlich nur noch dort, wo sie durchgesetzt werden.

In der Stadtmitte darf man ohne Maske laufen. In den Cafés sitzen Menschen bei ihrem Latte oder Bier. Aber es herrscht nicht wirklich gute Stadtlaune.

Kein Wunder – die Ds. verzichten zum zweiten Mal auf das höchste ihrer Feiertage – das Heinerfest. Nur ein kleines Karussell erinnert traurig unter dem Reiterdenkmal daran,

dass sich gewöhnlich Anfang Juli an derselben Stelle unzählige Bier- und Fressbuden den Platz mit ihm teilen. Wo sonst der Geruch von Zuckerwatte und gebrannten Mandeln mit Bratwurst- und Pommesfett eine eigenartige Melange eingehen, ist jetzt reichlich Platz zum Flanieren …

sogar soviel Platz, dass die Fotos einer Darmstädter Fotografin – Hilde Roth – großflächig ausgestellt werden können.

Das lohnt sich allerdings:

Welch ein Blick für die Gelegenheit und die Komposition, denke ich, während ich um die Banner herumgehe.

Ein Wägelchen erinnert an das Heinerfest. Dahinter findet sich ein Autoscooter. Aber es fehlt die Atmosphäre von halbstarker Pose und zuviel Deo – nur die Kurzen holen sich ihren Spaß.

In diesem Kino habe ich meine ersten Film gesehen – Dr. Schiwago. Das war nicht meine Wahl, ich war erst zehn. Meine Mutter brauchte wohl Begleitung, um einer alten Erinnerung nachzuhängen ;-).

Ich weiß nicht, warum es jetzt geschlossen ist. – Schade, aber es ist nicht das Einzige, das in D. schließt….

Nachdenklich blickt der alte erste Großherzog auf seine Stadt …

Im Herrngarten dann eine kurze Entladung von Krawall – ein Radfahrer kommt nicht schnell genug voran. Heftiges Klingeln und Gebrüll. Ein Fußgänger fühlt sich beiseite gedrängt. Man schimpft aufeinander ein. Der Radfahrer bleibt kurz stehen. Der Fußgänger läuft auf ihn zu – jetzt erstaunlich schnell, ohne seine verbale Kanonade zu unterbrechen. Als der Radfahrer wieder losfährt, rennt ihm der Fußgänger sogar noch hinterher, so wichtig ist ihm sein Recht auf ungestörtes Gehen. –

Man ist empfindlich geworden, achtet mehr auf das eigene als das Recht des anderen. Das beobachte ich.

Danach scheint alles wie zuvor –

Auch Goethe und Kant haben wieder Gesellschaft.

Am Abend – ein Spaziergang zum Watzebuckel, wo sich Jugendliche coronagerecht in kleinen Grüppchen versammelt haben. Na also, geht doch.

Der Mond versteckt sich hinter den Wolken, aber der Watzebuckel ist schon hoch genug, um einen Nachtstadtblick zu gewähren. Auch wir sitzen hier und philosophieren – und schweigen und genießen, bis es uns kalt wird.

Am nächsten Tag – die Gärten sind leer, kein Wunder, es tröpfelt ein bisschen. Mich hält das nicht davon ab, rauszugehen, aber in Süddeutschland gilt dies als schlechtes Wetter.

Also hat einer meiner Brüder ein tête-à-tête mit Karl – und wir später einen Kaffee auf dem Hofgut.

… Auf diese beiden Plakate stieß ich als erstes …großartig in dieser Kombi:

‘Schicksal, Verantwortung und der freie Wille’ – warum muss es immer eine Fanfare sein? – Über alle drei Begriffe ließe sich ein eigenes Kompendium schreiben. Welche Mauern sollen da niedertrompetet werden? –

‘Matchen. Chatten. Durchstarten.’ – dies klingt wie ‘Alles easy, Leute. Wir haben ein neues Normal, bald eine schöne neue Welt….’ – Und ja – wem soll die Last genommen werden, dass wir durch unseren Lebensstil zur Pandemie beigetragen haben? –

Nein, ist nicht alles easy, leider…… und nein, ihr Damen und Herren aus der Gralsbewegung, ihr mögt euch erleuchtet fühlen, aber ihr seid nicht raus: Ihr seid Teil dieser Welt, die auch euch Bedingungen setzt – und nur in Anerkennung dieser Tatsache kann der menschliche Wille frei sein – vielleicht ein wenig mehr Bescheidenheit? –

Und dazwischen hängen wir alle – zwischen Krisenbewusstsein und dem Wunsch, dass alles doch ganz leicht sein solle – wie früher….?

Sommerreise

Warum reist man? – Die Meisten würden sagen, um etwas anderes zu sehen, um sich zu entspannen. Einige wünschen sich Bildung , andere Unterhaltung – und wieder andere abhängen, Luxus und dolce vita.

Ich reise , seit ich auf dem Felsen wohne, um meine Leute zu sehen. Deshalb sind es immer wieder die gleichen Orte, an denen ich ankomme. Macht nichts, ich komme ja gerade von einem Platz, an dem andere Urlaub machen – und ich arbeite….

Ich möchte wieder das Watt von oben sehen, also entschließe ich mich zu fliegen. Aber es regnet, dann sieht die Welt von oben so aus.

Außerdem hat es den Vorteil, dass ich ausnahmsweise mal nur einen Tag zu meinem ersten Ziel brauche.

Ein Jahr lang bin ich nicht dort gewesen, das letzte Mal mit T. – Ja, es hat sich einiges verändert, aber nur Weniges.

Es ist ein eigensinniger Ort, eine Insel auf dem Festland,

bewohnt von Vier- und Zweibeinern.

Nebenan ein Fluss,

der Ende Juni eine grüne Wildnis ist.

Bevölkert von Urtieren,

geteilt durch einen lost place.

…. Hier träumen Menschen von der weiten, anderen Welt…..

… aber auch damit funktioniert das Träumen …..

Kaum zu glauben, dass keine 5 km entfernt sich eine Großstadt ausbreitet. Aber ich verbringe sieben Tage an diesem Platz, ohne das geringste Bedürfnis, die Stadt aufzusuchen. Ich lasse meine Seele wandern, lese, gehe spazieren, puhle zwischendurch Holunderbeeren, höre zu und habe öfter mal Tränen in den Augen.

Dann fahre ich weiter – Frankfurt.

Da habe ich mal eine Weile gewohnt. Hier rieb ich mich an der rotzigen Großstadt, lernte, wie man unterrichtet – und gründete eine Familie.

Als ich in meinen Twenties hierherkam, war ich abgestoßen und zugleich fasziniert von diesen Türmen, die wie in San Gimigiano den Einfluss der Quartierspatrizier anzeigen. 600 Jahre liegen dazwischen und kein Stück dazugelernt? –

Für mich sind seitdem fast 40 Jahre vergangen – mich gruselt diese Demonstration von Macht immer noch, obwohl ich eine Zeit lang in einem der Türme gearbeitet hatte.

Weiter über den Main nach Süddeutschland hinein …

Ich will in den Odenwald zu meinem Sohn und seiner Frau.

Welch ein Gegensatz: Man wohnt in einem großen Dorf, das durch sein Panorama mehr verspricht, als es bei einem Spaziergang später einlöst.

Der Garten soll noch werden,

ein kleiner Anfang ist gemacht.

Woanders

Wir waren mal woanders. Auf dem Festland, genauer gesagt.

Da waren wir seit fast einem Jahr nicht mehr. Ein wenig gezögert und überlegt haben wir schon, denn unter anderem haben wir den ganzen Pandemie-Alptraum bisher hier ausgesessen und das – spätestens seit der Öffnung für den Tourismus trügerische – Gefühl, hier sicherer zu sein, hat auch uns erfasst.

Deshalb fahren wir auch nicht wie sonst üblich mit dem Zug, sondern mieten einen Kleinwagen, der sich dann aus irgendwelchen logistischen Gründen in einen merkwürdig angeschwollenen und ausgebeulten Möchtegern-Geländewagen verwandelt hat.

Viele lange Straßen hat es, dieses Festland und viele LKWs, die man auf manchen Strecken eigentlich auf der rechten Spur aneinanderkoppeln könnte.

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Die Sommer-Open-Airs, die wir in den vergangenen Jahren besucht haben sind natürlich alle abgesagt (heul!). Aber irgendwann kommen wir dann doch an bei unseren Freunden und Familien.

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Die haben Häuser und Gärten, wie es sie auf der Insel nicht geben kann.

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Wahre Krempoli-Refugien voller alter Bauwagen, abgemeldeter Autos und allerhand anderem Zeugs.

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Während des Lockdowns ist noch so einiges hinzugekommen. Baumhäuser aus Garagen-Sperrmüll zum Beispiel.

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Es gibt Kinderwagen, die sehr praktisch beim Bierholen sind und, ähhh…

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…Gothic-Tomaten…

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…oder submissiv-willenlose Katzen (ja, endlich mal wieder Katzencontent!).

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Andere Menschen haben kleine Kinder, die sich schneller bewegen, als eine Kamera knipsen kann und mit denen wir in den wieder geöffneten Tiergarten gehen. Das Aquarienhaus finden sie am besten.

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Lustig aussehende Unterwasserwesen gibt es da.

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Bei anderen müssen wir gleich weitergehen. Brrr.

Und dann gibt es natürlich auch Städte.

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Manches ist absurd und manches rätselhaft.

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Bin nur ich das oder müsst ihr euch auch gleich eine Geschichte dazu ausdenken?

Städte sind traditionell Orte, an denen man gerne seine Mitmenschen behandelt wie Verkehrshindernisse oder sich sonstwie danebenbenimmt, weil man ja gleich wieder in der Menge verschwinden kann. Das kann den Gang durch die Fußgängerzone für einen Insulaner zu einer Art Slalomlauf machen. Oft scheint es mir, dass die Leute die Achtsamkeit einfach leid haben und nun versuchen, die Pandemie zu Tode zu ignorieren. Ich habe Zweifel, dass das funtkionieren wird.

Drei Wochen reisen wir so von einem Gästebett zum anderen. Und dann heißt es wieder zurückfahren. Der Mietwagen hat diesmal eine noch lächerlichere SUV-Schwellung erlitten. “Ist ein kostenfreies Upgrade”, meint der Mensch von der Autovermietung ganz stolz und um ihn nicht zu beleidigen, sagen wir brav “danke”.

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Als wir in Cuxhaven ankommen, ist die Temperatur gleich mal um zwölf Grad gefallen. Willkommen im Norden.

Die Rückfahrt ist längst nicht so abenteuerlich wie die Hinfahrt vor drei Wochen, aber manche Passagiere sind trotzdem anderer Meinung.

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Und da sind wir dann wieder. Ohh, ahhh, das wunderbare eigene Bett!

Für ein paar Tage lang werden wir die bunte Vielfalt auf dem Festland vermissen.

Anderes ist aber tröstlich, zum Beispiel die bei uns vergleichsweise hohe Hygiene-Disziplin und Rücksichtnahme. Die Inselgemeinschaft mag manchmal spießig und beengend erscheinen, aber auf der anderen Seite ist hier niemand “Niemand”. Jede(r) hat einen Namen und eine Geschichte.

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Und bei der Nachbarin gibt es wieder “Segen to go”. In pessimistischen Augenblicken denke ich, dass wir den bald noch dringend brauchen werden.

In der Mitte

Mittsommernacht, mitten in der Nacht. Es zieht mich nochmal aus dem Haus, um nach Norden zu sehen. Denn der astronomische Kalender behauptet, dass die Sonne heute nur für Seeleute und Zivilisten untergeht, nicht aber für Sterngucker.

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Hmm. Ach so.

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Könnte sein.

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Und ansonsten? Na ja, wir sind mitten zwischen erster und zweiter Pandemiewelle, mitten in der Nordsee, mitten in der Sommersaison. Allerdings fühlt die sich in diesem Jahr eher wie die Vorsaison in anderen Jahren an.

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Die Insulaner sind entspannt…

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…aber wachsam.

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Im Juli sind Schulferien und Fe und ich wollen aufs Festland fahren, um ein paar Freunde zu besuchen. Mal abgesehen von der absurden Verschickungsaktion für die Weihnachtspakete waren wir da seit zehn Monaten nicht mehr. Ob wir wohl irgendwelche Veränderungen feststellen?