Tratsch

Ich liebe die Insel, die Abgeschiedenheit, den freien Blick auf den Rest der Welt und den Alltag, zu dem Seevögel, Robben, Schiffe und Stürme wie selbstverständlich dazu gehören.

Was ich nicht so sehr liebe, ist der Tratsch im Dorf. An manchen Tagen passiert halt nichts Sensationelles auf dem Felsen und manche Insulaner langweilen sich dann so sehr, daß sie sich ihre eigenen Sensationen ausdenken und auch eifrig herumerzählen. Mir persönlich ist das relativ egal, denn ich bin ein alter Mann, über den es nichts Besonderes zu tratschen gibt.

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Ich habe aber Freunde, die gelegentlich so etwas wie romantische Begegnungen haben, häufig sogar mit Mitgliedern des anderen Geschlechtes. Dann dauert es gefühlte zehn Minuten, bis der Inselfunk meldet: Frau mit Mann an der Landungsbrücke gesehen! Ohne Aufsichtsperson! Oho, aha aha!

Und es macht mich zornig, zu sehen, wie die jungen Leute versuchen, sich unter der Gerüchteschleuder wegzuducken. Ganz besonders die Frauen, denn die sind ja gegebenenfalls die Schlampen, während die Jungs mit einem “na na na, du ollen Schlawiner” davonkommen. Ja, das gibt es immer noch, im Jahr 2015. Örks.

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Liebe Mitinsulaner, die Amerikaner sind nicht immer ein Vorbild für die vorbildliche  Lebensgestaltung, aber sie haben eine Redewendung, die hier ganz gut paßt: Get a life.

Besorgt euch mal ein eigenes Leben, anstatt euch des Lebens eurer Mitmenschen zu bemächtigen. Geht raus zur langen Anna, laßt euch den Mief aus der Jacke und dem Hirn pusten und freut euch, wenn andere Menschen hier ihr kleines persönliches Glück finden.

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Natürlich sind nicht alle Insulaner so, sonst wäre ich wohl kaum mehr hier.

Aber ein paar. Also ein paar zuviel.