Nein! Auf keinen Fall wollte ich Silvester in einer Stadt zubringen, beißenden Geruch von Schwarzpulver in der Nase, zusammenzucken bei jedem Donnerschlag. Doch es kam anders – am letzten Tag des Jahres.
Es ist warm, fast frühlingshaft – noch haben die Partys nicht begonnen.
Die letzten Sonnenstrahlen glühen über den Straßen. Wir waren für eine kleine Besorgung am Späti. Nun gehen wir Richtung Park.
Dort sitzen wir – noch angeschlagen von der Grippe – auf einer Bank. Eine alte Frau bleibt stehen, wünscht uns eine gute Nacht – und ein gutes Jahr. Dann ein stummer Moment bevor sie weiterzieht. ‘Alt’ – komisch, jenseits der 60 wird dieses Wort sehr relativ. Die Frau sah älter aus als wir, aber war sie dies wirklich. Ihr Gesicht zerknitterter, ihr Gang schlurfiger, schwerfälliger.
Als wir sie wieder treffen, grüße ich sie, aber sie erkennt uns nicht. Ihre Mimik bleibt stumpf.
Wir sitzen lange, eine Frau mit Tüten kommt vorbei. Ihr Gesicht wirkt jung. Die Tüten bergen keinen Einkauf, sondern ein paar Habseligkeiten. Sie bleibt stehen, bittet um Geld. Sie habe keine Wohnung mehr. Wir stecken ihr ein paar Euro zu.
Später ein gutes Abendessen, Umarmungen zum Jahreswechsel, Anrufe und SMS von Menschen, bei denen man gerade nicht sein kann.
Ich denke an die junge Frau im Park – Wo mag sie jetzt sein? Wer nimmt sie in den Arm?
Ich habe einen Wunsch fürs nächste Jahr:

und träume in der Nacht einen Engel der Öffnung.
You must be logged in to post a comment.