Ein gutes halbes Jahr habe ich das Blog und alles, was damit zusammenhängt, nicht mit dem (ähhh) hinteren Stoßfänger angesehen.
(Führende AmateurpsychologInnen werden sicher zu dem Schluss kommen, dass es daran liegt, dass ich vieles, was ich früher dem Blog erzählt habe, jetzt Fe erzähle und gut ist. Herzlichen Glückwunsch, ihr dürft eure Analyse gerne in drei Ausfertigungen in den Sand des Südstrandes schreiben, dann auf die Flut warten und ein Eis essen gehen.)

Also hier ein kleiner Nachtrag:
Nach der RocknRoll-Butterfahrt brach erst mal der Sommer aus. Die Inselkatzen kommen aus ihren Verstecken und beziehen ihre Posten in der Sonne.

Die Norder-Falm-Klippenmauer-Katze wird am Ende der Saison gefühlte 10.000 mal behätschelt und fotografiert worden sein. Eigentlich sollte die Kurverwaltung ihr dafür eine Leibrente bezahlen. Die Oberlandtreppenkatze ist da etwas zurückhaltender.

Am Lummenfelsen kehren die ersten Seevögel zum Brüten zurück. Den Trottellummen kann man da nur mit einem Fernglas zusehen, weil sie in den Vorsprüngen der Steilklippe nisten; den Basstölpeln ist das aber egal. Die bauen ihre Nester so nahe am Klippenzaun, dass man sie streicheln könnte, was man aber aus einer Reihe von Gründen besser nicht tut. So ein erwachsener Tölpel hat im Flug eine Spannweite von etwa 120 Zentimetern und an der Innenseite des schönen Schnabels so eine Art Sägeblatt.

Seine Eier sind aber etwas kleiner als ein Hühnerei. Da muss man schon einigermaßen Glück haben, um etwas zu erkennen, wenn Mama Tölpel drauf sitzt. Auch die Küken haben zuerst einmal so gar keine Ähnlichkeit mit ihren Eltern und sehen aus, wie Vogelküken meistens aussehen: Nackt, komisch und irgendwie wie winzige Dinosaurier.

Nach zwei Wochen sehen sie dann aber schon aus wie kleine Wollknäuel. Hochgewürgtes ist gesund, egal was wir unter ästhetischen Maßstäben davon halten mögen.

In der Bäckerei arbeitet ein neuer Verkäufer, der in seiner Freizeit an der Landungsbrücke Capoeira tanzt. Das sieht ziemlich gut aus und bringt südamerikanischen Schwung auf unser friesisches Inselchen.


Fe macht mit ihrer Schulklasse eine Exkursion nach Cuxhaven. Das ist Teil der Vorbereitungen für den World Ocean Day und gleichzeitig so etwas wie Schüleraustausch in Miniatur. Da aber eine Begleitperson fehlt, werde ich mit “verpflichtet” und lerne in sehr kurzer Zeit sehr viel über die schwierige Aufgabe, Kinder und Jugendliche zu erziehen. Kein Wunder, denn unter anderem verstehe ich zu diesem Zeitpunkt nichts davon. Null. Nada.
Aus offensichtlichen Gründen gibt es von der Exkursion keine detaillierten Berichte oder Fotos. Auch Teeniebratzen haben ein Recht auf Privatsphäre.
Oder halt, ein Foto hab ich doch. Da sind wir gemeinsam in der Bowlinghalle in Cuxhaven. Bowlen kann ich gerade gut genug, um die Bahn nicht zu beschädigen, aber lecker Knabbernüsse gibt es da. Und einen Automaten, aus dem man Flummibälle ziehen kann.

Wenn ihr also mal nach Cuxhaven kommt, schaut mal rein, zieht einen Flummi und sagt schöne Grüße von dem Kerl, der am nächsten Abend wieder mit den Kids vorbeikam, um noch mehr Flummibälle zu ziehen. Die freuen sich bestimmt ;-) .
Allerdings schaffe ich es auch, mir bei dieser Reise die Blase zu verkühlen und der Inseldoc meint nach dem Ultraschallieren der entsprechenden Regionen so was wie, hmmm, da sollte mal ein Experte für Alte-Männer-Leiden genauer hinkucken. Natürlich ist der auf dem Festland und es dauert auch einige Wochen, bis man da einen Termin bekommt. Ich betrachte das erstmal als Hinweis, dass es wohl nicht so schlimm sein kann.
Inzwischen sind den Wollknäueln Füße und sowas wie Flügel gewachsen.

Und Elisa hat Geburtstag. Zwar keine der drei Elisas, die ich kenne, aber egal: Alles Gute, Elisa, wo immer du jetzt sein magst.

Der Facharzttermin verläuft, wie Termine bei Urologen meistens verlaufen: Man pinkelt in einen Becher, lässt sich diverse Gerätschaften in diverse Körperöffnungen stecken und lernt ein paar Urologenwitze. Das tut alles nicht wirklich sehr weh, aber im großen und ganzen wäre ich lieber noch ein paar Flummis ziehen gegangen.
Dazu war aber keine Zeit, denn die Leute in der Praxis machen einen riesigen Aufriss, damit ich am zweiten Tag gerade noch das Schiff nach Hause erreiche. Das rührt mich jedesmal wieder. Normalerweise braucht man aufgrund der Abfahrtszeiten des Schiffs für einen Arzttermin auf dem Festland jeweils drei Tage Zeit.
Nichtsdestotrotz habe ich jetzt einen Zettel in der Tasche, mit dem ich mich einigermaßen bald im Krankenhaus einfinden darf, um das Problem zurechtzuschnippeln zu lassen. Aber ich soll mir nicht so große Sorgen machen, denn über 60 Prozent aller Männer in meinem Alter haben sowas und nur ziemlich selten ist es Krebs.
Na dann.
Die Wollknäuel sind inzwischen etwa doppelt so groß und verlieren ihren Kükenflaum zugunsten des ersten Jugendgefieders. Das ist dunkelgrau, völlig anders als das Federkleid der erwachsenen Tiere und mit Flugversuchen ist auch noch nichts. Dafür aber mit Füttermich-Gezeter. Und da der Kükenflaum am Kopf am längsten bleibt, kriegen die Girls and Boys einen ziemlich punkigen Irokesenlook. Passt.

Da es sowieso noch ein paar Wochen bis zum OP-Termin dauert (dann kann es wohl nicht so schlimm sein…), fahre ich noch schnell mal zu zwei Open-Air-Festivals auf dem Festland: Das Fusion Festival, bei dem ich 2016 glaubte, das sei jetzt Geschichte und das Herzberg-Festival, das inzwischen eher ein Hybrid aus Festival und extrem lotterlebigem Familientreffen geworden ist.


Danach noch ein kurzer Tölpelcheck: Ja, die Punk-Knäuel sind noch größer geworden und beginnen, von der Farbe abgesehen, ihren Eltern zu ähneln. Und dann geht es ins Krankenhaus.

Darüber gibt es nichts Sensationelles zu berichten: Allerlei Formulare, noch mehr Urologenwitze, Licht aus, Licht an und drei Tage, bis dann nach und nach die ersten Schläuche wieder aus mir rausgezogen werden. Der letzte dann nach sechs Wochen, aber das macht schon der Doc auf der Insel. Perfekte Routine.
Bei der Entlassung aus dem Krankenhaus drückt mir der Doc die Unterlagen für den Hausarzt in die Hand, dreht sich in der Tür noch einmal um und sagt:
“Ach ja, bevor ich es vergesse: War kein Krebs.”
Stille.
“Weiss man erst nachher genau, durch die Gewebeproben.”
Na dann.
Bei den Basstölpeln ist inzwischen Abreisestimmung. Die ersten Jungvögel sind schon mit ihren Eltern verschwunden, aufs Meer hinaus, bis nächstes Jahr. Ein paar Nachzügler lassen sich immer noch füttern. Das sieht aber inzwischen fast schon bedrohlich aus (für die Eltern, nicht die Jungen).


Tja, soweit der Nachtrag. Ein bisschen zu wenig Basstölpel und ein bisschen zuviel Krankengeschichten. Aber das wird wieder.

Nicht wahr?
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