Woanders

Wir waren mal woanders. Auf dem Festland, genauer gesagt.

Da waren wir seit fast einem Jahr nicht mehr. Ein wenig gezögert und überlegt haben wir schon, denn unter anderem haben wir den ganzen Pandemie-Alptraum bisher hier ausgesessen und das – spätestens seit der Öffnung für den Tourismus trügerische – Gefühl, hier sicherer zu sein, hat auch uns erfasst.

Deshalb fahren wir auch nicht wie sonst üblich mit dem Zug, sondern mieten einen Kleinwagen, der sich dann aus irgendwelchen logistischen Gründen in einen merkwürdig angeschwollenen und ausgebeulten Möchtegern-Geländewagen verwandelt hat.

Viele lange Straßen hat es, dieses Festland und viele LKWs, die man auf manchen Strecken eigentlich auf der rechten Spur aneinanderkoppeln könnte.

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Die Sommer-Open-Airs, die wir in den vergangenen Jahren besucht haben sind natürlich alle abgesagt (heul!). Aber irgendwann kommen wir dann doch an bei unseren Freunden und Familien.

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Die haben Häuser und Gärten, wie es sie auf der Insel nicht geben kann.

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Wahre Krempoli-Refugien voller alter Bauwagen, abgemeldeter Autos und allerhand anderem Zeugs.

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Während des Lockdowns ist noch so einiges hinzugekommen. Baumhäuser aus Garagen-Sperrmüll zum Beispiel.

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Es gibt Kinderwagen, die sehr praktisch beim Bierholen sind und, ähhh…

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…Gothic-Tomaten…

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…oder submissiv-willenlose Katzen (ja, endlich mal wieder Katzencontent!).

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Andere Menschen haben kleine Kinder, die sich schneller bewegen, als eine Kamera knipsen kann und mit denen wir in den wieder geöffneten Tiergarten gehen. Das Aquarienhaus finden sie am besten.

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Lustig aussehende Unterwasserwesen gibt es da.

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Bei anderen müssen wir gleich weitergehen. Brrr.

Und dann gibt es natürlich auch Städte.

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Manches ist absurd und manches rätselhaft.

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Bin nur ich das oder müsst ihr euch auch gleich eine Geschichte dazu ausdenken?

Städte sind traditionell Orte, an denen man gerne seine Mitmenschen behandelt wie Verkehrshindernisse oder sich sonstwie danebenbenimmt, weil man ja gleich wieder in der Menge verschwinden kann. Das kann den Gang durch die Fußgängerzone für einen Insulaner zu einer Art Slalomlauf machen. Oft scheint es mir, dass die Leute die Achtsamkeit einfach leid haben und nun versuchen, die Pandemie zu Tode zu ignorieren. Ich habe Zweifel, dass das funtkionieren wird.

Drei Wochen reisen wir so von einem Gästebett zum anderen. Und dann heißt es wieder zurückfahren. Der Mietwagen hat diesmal eine noch lächerlichere SUV-Schwellung erlitten. “Ist ein kostenfreies Upgrade”, meint der Mensch von der Autovermietung ganz stolz und um ihn nicht zu beleidigen, sagen wir brav “danke”.

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Als wir in Cuxhaven ankommen, ist die Temperatur gleich mal um zwölf Grad gefallen. Willkommen im Norden.

Die Rückfahrt ist längst nicht so abenteuerlich wie die Hinfahrt vor drei Wochen, aber manche Passagiere sind trotzdem anderer Meinung.

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Und da sind wir dann wieder. Ohh, ahhh, das wunderbare eigene Bett!

Für ein paar Tage lang werden wir die bunte Vielfalt auf dem Festland vermissen.

Anderes ist aber tröstlich, zum Beispiel die bei uns vergleichsweise hohe Hygiene-Disziplin und Rücksichtnahme. Die Inselgemeinschaft mag manchmal spießig und beengend erscheinen, aber auf der anderen Seite ist hier niemand “Niemand”. Jede(r) hat einen Namen und eine Geschichte.

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Und bei der Nachbarin gibt es wieder “Segen to go”. In pessimistischen Augenblicken denke ich, dass wir den bald noch dringend brauchen werden.

Du weisst nicht, was ich diesen Sommer getan habe (Für Frau T.)

Ein gutes halbes Jahr habe ich das Blog und alles, was damit zusammenhängt, nicht mit dem (ähhh) hinteren Stoßfänger angesehen.

(Führende AmateurpsychologInnen werden sicher zu dem Schluss kommen, dass es daran liegt, dass ich vieles, was ich früher dem Blog erzählt habe, jetzt Fe erzähle und gut ist. Herzlichen Glückwunsch, ihr dürft eure Analyse gerne in drei Ausfertigungen in den Sand des Südstrandes schreiben, dann auf die Flut warten und ein Eis essen gehen.)

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Also hier ein kleiner Nachtrag:

Nach der RocknRoll-Butterfahrt brach erst mal der Sommer aus. Die Inselkatzen kommen aus ihren Verstecken und beziehen ihre Posten in der Sonne.

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Die Norder-Falm-Klippenmauer-Katze wird am Ende der Saison gefühlte 10.000 mal behätschelt und fotografiert worden sein. Eigentlich sollte die Kurverwaltung ihr dafür eine Leibrente bezahlen. Die Oberlandtreppenkatze ist da etwas zurückhaltender.

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Am Lummenfelsen kehren die ersten Seevögel zum Brüten zurück. Den Trottellummen kann man da nur mit einem Fernglas zusehen, weil sie in den Vorsprüngen der Steilklippe nisten; den Basstölpeln ist das aber egal. Die bauen ihre Nester so nahe am Klippenzaun, dass man sie streicheln könnte, was man aber aus einer Reihe von Gründen besser nicht tut. So ein erwachsener Tölpel hat im Flug eine Spannweite von etwa 120 Zentimetern und an der Innenseite des schönen Schnabels so eine Art Sägeblatt.

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Seine Eier sind aber etwas kleiner als ein Hühnerei. Da muss man schon einigermaßen Glück haben, um etwas zu erkennen, wenn Mama Tölpel drauf sitzt. Auch die Küken haben zuerst einmal so gar keine Ähnlichkeit mit ihren Eltern und sehen aus, wie Vogelküken meistens aussehen: Nackt, komisch und irgendwie wie winzige Dinosaurier.

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Nach zwei Wochen sehen sie dann aber schon aus wie kleine Wollknäuel. Hochgewürgtes ist gesund, egal was wir unter ästhetischen Maßstäben davon halten mögen.

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In der Bäckerei arbeitet ein neuer Verkäufer, der in seiner Freizeit an der Landungsbrücke Capoeira tanzt. Das sieht ziemlich gut aus und bringt südamerikanischen Schwung auf unser friesisches Inselchen.

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Fe macht mit ihrer Schulklasse eine Exkursion nach Cuxhaven. Das ist Teil der Vorbereitungen für den World Ocean Day und gleichzeitig so etwas wie Schüleraustausch in Miniatur. Da aber eine Begleitperson fehlt, werde ich mit “verpflichtet” und lerne in sehr kurzer Zeit sehr viel über die schwierige Aufgabe, Kinder und Jugendliche zu erziehen. Kein Wunder, denn unter anderem verstehe ich zu diesem Zeitpunkt nichts davon. Null. Nada.

Aus offensichtlichen Gründen gibt es von der Exkursion keine detaillierten Berichte oder Fotos. Auch Teeniebratzen haben ein Recht auf Privatsphäre.

Oder halt, ein Foto hab ich doch. Da sind wir gemeinsam in der Bowlinghalle in Cuxhaven. Bowlen kann ich gerade gut genug, um die Bahn nicht zu beschädigen, aber lecker Knabbernüsse gibt es da. Und einen Automaten, aus dem man Flummibälle ziehen kann.

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Wenn ihr also mal nach Cuxhaven kommt, schaut mal rein, zieht einen Flummi und sagt schöne Grüße von dem Kerl, der am nächsten Abend wieder mit den Kids vorbeikam, um noch mehr Flummibälle zu ziehen. Die freuen sich bestimmt ;-) .

Allerdings schaffe ich es auch, mir bei dieser Reise die Blase zu verkühlen und der Inseldoc meint nach dem Ultraschallieren der entsprechenden Regionen so was wie, hmmm, da sollte mal ein Experte für Alte-Männer-Leiden genauer hinkucken. Natürlich ist der auf dem Festland und es dauert auch einige Wochen, bis man da einen Termin bekommt. Ich betrachte das erstmal als Hinweis, dass es wohl nicht so schlimm sein kann.

Inzwischen sind den Wollknäueln Füße und sowas wie Flügel gewachsen.

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Und Elisa hat Geburtstag. Zwar keine der drei Elisas, die ich kenne, aber egal: Alles Gute, Elisa, wo immer du jetzt sein magst.

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Der Facharzttermin verläuft, wie Termine bei Urologen meistens verlaufen: Man pinkelt in einen Becher, lässt sich diverse Gerätschaften in diverse Körperöffnungen stecken und lernt ein paar Urologenwitze. Das tut alles nicht wirklich sehr weh, aber im großen und ganzen wäre ich lieber noch ein paar Flummis ziehen gegangen.

Dazu war aber keine Zeit, denn die Leute in der Praxis machen einen riesigen Aufriss, damit ich am zweiten Tag gerade noch das Schiff nach Hause erreiche. Das rührt mich jedesmal wieder. Normalerweise braucht man aufgrund der Abfahrtszeiten des Schiffs für einen Arzttermin auf dem Festland jeweils drei Tage Zeit.

Nichtsdestotrotz habe ich jetzt einen Zettel in der Tasche, mit dem ich mich einigermaßen bald im Krankenhaus einfinden darf, um das Problem zurechtzuschnippeln zu lassen. Aber ich soll mir nicht so große Sorgen machen, denn über 60 Prozent aller Männer in meinem Alter haben sowas und nur ziemlich selten ist es Krebs.

Na dann.

Die Wollknäuel sind inzwischen etwa doppelt so groß und verlieren ihren Kükenflaum zugunsten des ersten Jugendgefieders. Das ist dunkelgrau, völlig anders als das Federkleid der erwachsenen Tiere und mit Flugversuchen ist auch noch nichts. Dafür aber mit Füttermich-Gezeter. Und da der Kükenflaum am Kopf am längsten bleibt, kriegen die Girls and Boys einen ziemlich punkigen Irokesenlook. Passt.

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Da es sowieso noch ein paar Wochen bis zum OP-Termin dauert (dann kann es wohl nicht so schlimm sein…), fahre ich noch schnell mal zu zwei Open-Air-Festivals auf dem Festland: Das Fusion Festival, bei dem ich 2016 glaubte, das sei jetzt Geschichte und das Herzberg-Festival, das inzwischen eher ein Hybrid aus Festival und extrem lotterlebigem Familientreffen geworden ist.

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Danach noch ein kurzer Tölpelcheck: Ja, die Punk-Knäuel sind noch größer geworden und beginnen, von der Farbe abgesehen, ihren Eltern zu ähneln. Und dann geht es ins Krankenhaus.

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Darüber gibt es nichts Sensationelles zu berichten: Allerlei Formulare, noch mehr Urologenwitze, Licht aus, Licht an und drei Tage, bis dann nach und nach die ersten Schläuche wieder aus mir rausgezogen werden. Der letzte dann nach sechs Wochen, aber das macht schon der Doc auf der Insel. Perfekte Routine.

Bei der Entlassung aus dem Krankenhaus drückt mir der Doc die Unterlagen für den Hausarzt in die Hand, dreht sich in der Tür noch einmal um und sagt:

“Ach ja, bevor ich es vergesse: War kein Krebs.”

Stille.

“Weiss man erst nachher genau, durch die Gewebeproben.”

Na dann.

Bei den Basstölpeln ist inzwischen Abreisestimmung. Die ersten Jungvögel sind schon mit ihren Eltern verschwunden, aufs Meer hinaus, bis nächstes Jahr. Ein paar Nachzügler lassen sich immer noch füttern. Das sieht aber inzwischen fast schon bedrohlich aus (für die Eltern, nicht die Jungen).

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Tja, soweit der Nachtrag. Ein bisschen zu wenig Basstölpel und ein bisschen zuviel Krankengeschichten. Aber das wird wieder.

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Nicht wahr?

Ein Jahr

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Tja, es ist soweit. Heute ist es ein Jahr her, daß ich auf den Felsen gezogen bin. Da war auch gerade Nordseewoche, jeden Tag kamen 2.000 schick gemachte Hamburger herüber und ich wußte zwar, daß das im Winter wohl anders sein würde, aber ansonsten wußte ich noch ziemlich wenig.

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Dann kam ein langer warmer Sommer und ein ebenso langer verregneter Winter. Zum Glück lese ich gern und viel, denn sonst hätte ich mir wahrscheinlich eine Katze zulegen müssen.

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Nichts gegen Katzen an sich, aber die Eßgewohnheiten sind mir dann doch etwas zu… fischig.

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Ein paar Freunde habe ich gewonnen. Naja, drei. Das ist schon ein ganz guter Wert. Ich habe gelernt, mit einer Population von ein paar hundert Menschen klarzukommen, aus denen ich mir meine Freunde und Bekannten aussuchen kann. Da darf man nicht so extrem pingelig sein. Auch was die eingebauten Nachteile und Widersprüche des Dorflebens angeht, speziell wenn dieses Dorf im Winter eine ziemlich reduzierte Verkehrsanbindung zum nächsten Dorf hat. Da kommt die Fähre nur noch alle zwei Tage, die Hälfte aller Geschäfte und Kneipen ist für Monate verbarrikadiert und wenn es ein paar Tage stürmt, leeren sich auch sichtbar die Regale für Obst und Gemüse im Supermarkt.

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Und ich habe gelernt, die Windstärke am Heulen und Pfeifen zu erkennen, mit dem der Wind um den Sendemast weht.

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Dreimal war ich jeweils für ein paar Tage auf dem Festland, um dort alte Freunde wieder zu sehen. Das war schön und teilweise verwirrend, weil ich den subkulturellen Wirrwarr und die hohe Sprechgeschwindigkeit auf Festlandsparties irgendwie nicht mehr gewöhnt bin ;-).

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Irgendwie war das auch faszinierend, aber sonst gab es nicht viel, das mich hätte halten können, am wenigsten in den Städten. Die sind unglaublich bunt, vielfältig, vermüllt und voll. Überall verstellt etwas von Menschen gemachtes den Blick und man vertrödelt viel Lebenszeit und Geld in Staus und U-Bahnen. Hier dagegen eher mit Herumsitzen am Klippenrand und Betrachten des Horizontes.

Nach dem hundertsten Photo von der leeren Nordsee fragen dann die ersten Freunde, ob es nicht noch was Anderes gibt außer Himmel und Meer. Na ja, schon. Aber das ist einfach Teil meines Alltags und ein Photo kann eben nur in seltenen Glücksfällen vermitteln, wie sich dieser Augenblick angefühlt hat.

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Jetzt ist aber Frühling, die Urlaubs- und Feriensaison hat begonnen und nach dem langen stillen Winter kommt mir das Wort “Gedränge” in den Sinn, wenn die Besucher nach der Ankunft unter meinem Fenster entlang vom Hafen in Richtung Dorf pilgern. In der Fußgängerzone von Bottrop ist natürlich an einem beliebigen Dienstagmorgen mehr los ;-).

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Aber das ist halt Alles relativ.

Habe ich den Umzug bereut? Nö.

Bleibe ich hier? Ja.

Gebt mir einen Grund, mich anders zu entscheiden.

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Ich finde keinen.

Putzig

Die neuen Heidschnucken sind eingetroffen! Mama und Papa Heidschnuck haben sich viel Mühe gegeben und aus irgendeinem Grund macht der Anblick glücklich.

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Tja, liebe Leute, Katzencontent war gestern. Heidschnuckencontent ist der neue heiße Sch**ß ;-) .