Heimwärts (Epilog)

Nach vier Wochen ist es Zeit, wieder nach Hause zu fahren. Die Sommerferien sind auf den Inseln zu Ende und es gilt, noch einige Vorbereitungen für die nächsten Wochen zu treffen.

Ich fahre ein wenig wehmütig, lasse hier Menschen zurück, die zu meinem Leben gehören –

und kehre heim auf den Felsen mitten in der Nordsee. Früher – mit T. – war das leicht, fast schwerelos. Aber den fröhlichen Klang des Berges habe ich noch dabei.

Und als ich von der Friedlichkeit und Harmonie erzähle, höre ich die Vermutung, es liege an den ganzen Cannabis-Schwaden, die einen auf dem Berg umnebelten.

Ach ja – so weit sind wir gekommen, dass Friedfertigkeit nur möglich ist, wenn alle bekifft sind? –

Welch tristes Weltbild……

back home….

All together now!

Hier fand ich vor sechs Jahren T.. Wir waren seitdem immer gemeinsam hierher zurückgekehrt. Nun war ich zum ersten Mal ohne ihn hier…… .

Der Anfang wie immer – man steht auf einer Straße mitten im hessischen Nirgendwo und wartet auf den Einlass.

Einige sind schon deutlich früher angekommen. Kaffeetassen stehen zwischen den Wagen. Man steigt aus. Ein erstes Hallo, ein Lächeln zu den Nachbarn vor oder hinter einem. Aus manchen Wagen klingt Musik zum Einstimmen. Zwischen den Autos wird gespielt oder auch gequatscht – Austausch von Daten – wie lange man schon steht, woher man kommmt. Zwischendurch – “ach schau mal, du auch hier” – manchmal trifft man Leute, die man hier nicht vermutet hätte, dann wieder die, mit denen wir verabredet sind: “Ahh, hallo” – Küsschen, Umarmung.

Ich mache mich auf den Weg nach vorne, laufe die Schlange entlang. Auf dem Platz sind schon einige von uns und bauen auf.

Eine Zeltstadt entsteht an diesem Tag.

Und auch wir haben in den letzten Jahren unsere eigene Herzbergkultur entwickelt mit Küche und ‘Salon’.

Wir – das ist eine Gruppe von Menschen, deren Kern sich seit Jahren auf dem Herzberg verabredet, – eine Art Familientreffen mit erweitertem Anhang, ein intergenerationelles Projekt – die ältesten von uns jenseits der 60, die jüngsten vier und sechs Jahre, und dazwischen alle anderen Jahrgänge.

Wie bei allen Festivals stehen Konzerte im Vordergrund. Klar – man kann sich mit allen Hippieuntensilien eindecken –

und sich durch etliche Küchen ‘fressen’. Besonders ist aber, dass sich hier viele wichtige Projekte zeigen, überregionale wie regionale.

Es gibt foodsharing, es gibt mentale Beratung. Es gibt Massagen –

und es gibt flake, eine Initiative,

die im Vogelsberg zukunftsweisende Ideen bündeln und Menschen zusammenbringen möchte.

Während ich mich umsah, hörte ich viele Gespräche. Hier ging es nicht um Gas und Putin. Ich hörte, wie Menschen sich erinnerten: Es fehlte nicht nur bei uns ein Mensch. Auch andere hatten wichtige Leute in den letzten Jahren verloren.

Ich hörte Trauer um den Zustand der Welt, die versiegenden Brunnen im hohen Vogelsberg. Ich hörte von Geburten der Enkel.

So hatte es etwas Tröstliches, den alten ‘Institutionen’ des Festivals wieder zu begegnen:

dem langen Mann, der Energiebällchen verkauft,

dem goldenen Mann, der für die Einzigartigkeit jedes Wesens läuft.

Das Kinderland

ist ein Platz mit vielen Bastel-, Werkelmöglichkeiten, einem Musikzelt, einem Spiel- und Lesezelt.

Die Atmosphäre ist entspannt.

Man achtet aufeinander. Es gibt kein Drängeln an Getränkeständen.

Es gibt keinen Müll auf den Wegen. Und lässt einer aus Versehen etwas fallen, gibt es schnell einen anderen, der es aufhebt und zum nächsten Mülleimer trägt.

Ja – es ist möglich, mit tausenden Menschen friedlich und entspannt zu sein.

Und was es an Musik gibt? –

Ach, fast alle Genre sind vertreten – Singer und Songwriter, schwerer Rock, Techno-Artificiels, Folk und Weltmusik, verteilt auf vier Bühnen.

Zuhause

ein letztes Ausklingen lassen….

Es war traurigschön. Ach my old man

Ich fahr’ mal los (Prolog)

Die letzten Wochen vor den Ferien waren durchdrungen von den Dingen , die alle noch unbedingt vor den Ferien erledigt werden müssen. Ich dachte ernsthaft darüber nach, ob man die letzte Woche vor den Ferien nicht einfach ersatzlos streichen sollte….

dann waren sie da – die freien Tage – alle Probleme gelöst – ich konnte fahren. Diesmal mit der MS Nordlicht, einem kleinen Katamaran, der den Weg nach Cuxhaven in 75 Minuten abreitet.

Es ist wie Busfahren, wenig spektakulär, ein Spaziergang über das Fahrzeug ist eher langweilig, die Außengalerie begrenzt und sie gewährt auch nur den Blick zurück. Aber immerhin, die Fahrt bringt insgesamt einen Zeitgewinn von drei Stunden und damt die Chance, nach Süddeutschland durchzurutschen, ohne irgendwo drei oder vier Stunden nächtens auf einem Bahnhof zubringen zu müssen.

Früher (ich spreche von den 80ern – ;-)) war das kein Problem, denn im Sommer saßen genug Rucksackreisende vor Bahnhöfen herum. Man setzte sich dazu, kam ins Klönen und wartete gemeinsam auf den nächsten Anschluss. Tja, times ‘re changing – and now …. findest du mit Glück einen freundlichen Berber, der dir seine Lebensgeschichte erzählt …. das war aber eine andere Geschichte vor sechs Jahren…..

Die anschließende Bahnreise verlief ohne besondere Vorkommnisse – das ist keine Selbstverständlichkeit (leider!). Und in diesen Genuss kommt man offensichtlich nur als ICE-Reisende.

Was wird mich erwarten? – Meine Gefühle gemischt – den letzten Abschnitt meiner Reise würde auf das Festival führen, auf dem T. und ich uns kennen gelernt hatten …..

Welcome to our garden

Es hat in D. viele Gärten – man kann Tage in ihnen zubringen.

Man findet getriebene Dichter

eigenartige Haine –

verträumte Künstler –

inspirierte Architekten –

blühende Zitronenbäume –

legendenumwobene Türme –

Himmel –

und einen verwunschenen Garten.

In ihm leben alte und junge Götter

Schwestern –

und andere Wesen.

Kein römischer Brunnen empfängt dich …

dort fließt ein kleiner Bach …

im Teich spiegelt sich die Welt.

…. Erinnerungen an einen anderen Garten, wo wir uns trafen, steigen auf….

Namasté

Anreisen, Abreisen (2)

Die Insulaner sind an An- und Abreisen gewohnt, ganz besonders im Sommer. 

Manche Menschen kommen mittags hier an, laufen einmal um die Insel herum zur Langen Anna, dann auf dem Rückweg durch die Duty-Free-Shops zurück zum Hafen. Und um 16 Uhr sind sie dann alle wieder weg.

Andere bleiben drei, vier Tage, fahren auch mal zur Düne rüber, die Robben und Seehunde besuchen. 

Dann glauben sie, alles Wichtige gesehen und erlebt zu haben. 1.800 mal 600 Meter Felsen, einmal auf dem längsten Weg außen herum laufen bedeutet fünf Kilometer, was soll da übrig sein? Hmmm…

Manche Gäste bleiben noch etwas länger. 

Und dann geht es doch wieder zurück, zum letzten Boot, das die Passagiere zu den Fährschiffen über setzt.”Macht mal hinne”, grummelt einer der Börteschiffer, “knutschen könnt ihr gleich immer noch.”

Nee, Kollege. Das ist ja das Problem. Ich bleibe hier. 

Dann hebt das letzte Schiff den Anker, eine halbe Stunde später ist die Reede wieder leer und es gibt einen Ort auf dem Felsen, an dem gestern noch jemand war. 

Und diesen Ort trage ich mit mir herum. Musik, bitte.

Back to the garden

Da war ich.

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Und dann fuhr ich wieder zurück.

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Ok, ok, ok.

Das Herzberg-Festival ist, anders als die Fusion, mehr so eine Althippie-Veranstaltung.

Hier fragen am Bierstand die Leute neben dir andauernd: “Warst du nicht vor mir dran?” Noch am dritten Tag kann man die Dixiklos ohne Schutzanzug benutzen. Wenn das nicht von wahrer Liebe zeugt ;-) !

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Es gab viele, ungewohnt offene, freie Unterhaltungen mit bis dahin völlig Fremden und, sorry, lieber Felsen, aber deine Bewohner sind da doch viel zurückhaltender. Ich hab sogar eine etwas komplizierte Theorie, inwiefern das mit der Insellage zu tun hat, aber ich verrate sie nicht ;-) .

Ach so, Musik gab es auch. Tolle. Yippie!

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Tja, und nun bin ich wieder zurück. Es gibt eine Menge zu tun, die Saison läuft auf Hochtouren, meine Gäste sind trotz holpriger See und Wetterlage gut drauf. Läuft.

Aber es fehlt auch was. Das Gefühl hatte ich hier noch nie.