Ein bisschen Süden…

Auch auf dem Felsen fiel das Himmelfahrtswochenende die meiste Zeit ins Wasser. Zwar stellt sich hier kein Landregen ein, der gefühlt ewig dauert, wie auf dem Festland. Aber die kurzen Sonnenperioden waren kalt und windig und peitschten die benachbarte Palme wie in einem Tropensturm.

Heute schien zum ersten Mal wieder morgens Sonne durch mein Fenster. Der Wind war weitgehend weg – das ist nicht das Gleiche wie auf dem Festland. ‘Wind weg’ heißt hier nur, dass er zwischen den Häusern kein Laub vor sich hertreibt und nicht sofort das Bedürfnis entsteht, den Kragen hochzuschlagen.

Die Schnucken halten ein Sonnenbad und verdauen gemütlich auf der Wiese.

Die See tanzt eine Farbenlaola und

spielt ein bisschen Südsee vor.

Spitzwegerich

und Margeriten blühen.

Pfeilkresse überdeckt den Felsen als weißen Teppich.

An der Anna holt eine Männergruppe ihren ‘Vatertag’ nach.

Der begleitende Soundtrack ist eine Mischung aus Helene Fischer, Mathias Reim und Stampf-Pop, jene Melange, die aus jedem Kirmeszelt zu hören ist.

Die Basstölpel brüten. Und leider liegt da auch schon ein totes Frühgeschlüpftes. Woanders ist ein Ei verloren gegangen.

Vielleicht ist noch Zeit, ein Zweites zu produzieren?

Man blustert sich auf, um Wärme zu halten

oder betreibt Körper- und Partnerpflege während der langen Sitzung.

Und die, die nichts zu tun haben, benehmen sich auch nicht besser als die großen Zweibeiner.

Heute Morgen las ich:

“Es ist die zeitlose, weil niemals zu widerlegende Erfahrung, das moderne Kriege – sind sie einmal entfesselt – einen Glutkern ausbilden, dem schwer zu entkommen ist. Alles gehorcht einer Zwangsläufigkeit, die zu beherrschen das Menschen Mögliche überschreitet.” Der Autor L. Herden reflektiert damit den Luftkrieg 1942- 1945. Da war der zweite Weltkrieg drei Jahre alt.

Wir befinden uns am 93. Tag des Krieges in Osteuropa. Müssen wir diese Zwangsläufigkeit wiederholen? Ich empfehle ‘Die Präsidentin‘ als Anregung. Man findet diesen Film in der arte Mediathek.

Gerade verlässt die Helgoland den Hafen Richtung Süden.

Und es riecht nach Sommer und Reisen – nach meer – gortoz a ran

Maikäfer flieg ….

Nein, es gibt hier keine Maikäfer. So, wie es überhaupt wenig Insekten hier gibt – ich meine die, die auf dem Festland gemeinhin nicht gelitten sind …. Mücken, Fliegen, ja – und Maikäfer.

Fast ist der Monat schon wieder vorbei – und es gab trotz vieler Coronaerkrankungen jede Menge Events: den Inselmarathon,

die Landtagswahl, das Friesentreffen, das alle drei Jahre auf Helgoland stattfindet.

Adèle, die an der Landungsbrücke die großen Zweibeiner betrachtet, wundert sich:

Staksige Beine habe ich selber, denkt sie, aber Runden um Runden diesen Felsen zu umlaufen…..

wie machen sie das nur, warum fliegen sie nicht?

Liebste Adèle, wir sind zu schwer, um zu fliegen. Gravity is just a habit, erwiderst du. Nein, dieser Satz gilt leider nur bedingt für meine spezies.

Wir brauchen gebaute Mittel, um uns am Himmel zu bewegen. Und dabei machen wir auch noch ordentlich Radau und Dreck. Eure Eleganz ist uns nicht gegeben.

Inseltreiben:

So sieht es aus, wenn die Post kommt,

und so, wenn die Inselbahn auf Kundschaft wartet.

So

wenn ein schwimmender Bettenbunker vor dem Felsen liegt,

und so, wenn alte Segler vor der Düne ankern.

Nach und nach kleiden sich die Bäume an:

Die eine Schöne lugt bald nur noch hinterm Strauch hervor.

Die Landtagwahl kam – mit absehbarem Ergebnis. Die schwarz-grüne Koalition wird sich wohl fortsetzen. Aber ein kleines Highlight hatte die Wahl doch: die AfD flog aus dem Landtag.

Und dann hatte ich Besuch – zwei liebenswerte Flensburger.

Besuch auf der Düne – zuviele Erinnerungen hängen dort, als dass ich alleine rüberfahre. Aber mit Besuch geht es ….

Wir hatten ein paar Jahre aufzuholen, erzählen uns von den kleinen Menschen, die jetzt große sind- und von anderen, die lange gegangen sind.

und während wir alten Erinnerungen nachhängen oder Sonne und Wind genießen, besucht uns eine Gänsefamilie.

Zwischen Sonne und Mond verbringen wir den letzten gemeinsamen Abend –

Während 1500 km von hier weiterhin Bomben fallen und Menschen fliehen, während manche Kolumnisten in Waffengattungen schwelgen, die jegliche Science-fiction längst eingeholt haben,

braucht uns diese schöne Welt gar nicht.

Das ist beruhigend, aber auch irgendwie traurig.

Alltag

Der morgendliche Soundtrack: Amselgesang, wenn es noch nicht ganz hell ist…manchmal mischen Möwen mit, je nachdem wie der Wind steht…. bei stärkerem Wind ein leises Rauschen als Hintergrund in einem sehr lang gezogenen Rhythmus ….

Zur Zeit stehe ich auf, wenn es gerade heller wird ……

Es folgen Wasserplätschern in den Wasserkocher, ein RRRRRRR meiner Kaffeemühle, nach ein paar Minuten das Sprudeln kochenden Wassers, zwischendrin leises Klappern einer Tasse, die ich aus dem Buffett geholt habe. Ich gieße die Kaffeebrühe auf, warte ein paar Minuten – draußen mischt sich in den Amselgesang das Gezwitscher der Sperlinge – drücke den Pömpel hinunter, gieße ein und sinke mit Tasse auf mein Sofa.

Ich genieße die Zeit vor der Schule. Es ist meine Zeit – und nähme ich sie nicht, so hätte ich das Gefühl, der ganze Tag gehöre meiner Arbeit. Wach werden, die ersten Gedanken aufsteigen und wieder ziehen lassen….

Am Wochenende – einkaufen, verbunden damit spazieren gehen,

Menschen zuschauen, mit Bekannten plaudern…..

Am letzten Wochenende wäre Rock’n’Roll-Butterfahrt gewesen – das kleine, hiesige Laut-und-Draußen-Festival.

Ist zum dritten Mal ausgelfallen, immer noch wegen des Virus.

Aber es gab ein Trostpflaster an der Landungsbrücke für all die unentwegten Fans,

die als buntes, naja eher schwarzes Volk jährlich anreisen.

Ansonsten geht alles seinen Gang –

Gäste kommen und gehen (Juni, Juli, August sei so gut wie ausgebucht, hörte ich) –

die Basstölpel werden intensiv beobachtet –

die Gärten herausgeputzt –

Wohnungen entlüftet –

Die knallig bunte Zeit beginnt –

ein Gegenschnitt zum Weltgeschehen: Säbelrasseln und Kriegsgetaumel.

Das, was jetzt einen idyllische Blick auf die See gewährt,

ist der Rest des letzten Wahnsinns, ein alter Unterstand, der die Sprengung überlebt hat.

Gut, dass auch andere Zeichen gesetzt werden –

an der höchsten Erhebung des Kreises Pinneberg (ganze 66m hoch ;-))) –

oder an einem Abfallkorb

es sind nur Symbole – aber gute.

Der Krieg ist ganz fern, doch manchmal holt er mich ein…

Experimente

C. und J. diskutieren leise, aber angeregt – offensichtlich nicht Probleme der Zeichensetzung.

Ich schaue fragend –

C: Kann man auch verkehrt herum in Schuhen gehen?

J. zieht seine Schuhe aus und stellt sich verkehrt herum hinein.

So –

und schlurft den langen Weg vom Klassenzimmer zum Schulhof.

Draußen –

ich: Und? –

J.: Funktioniert! Ist aber dumm!

Nächste Pause – nächstes Experiment: Wie lange halten Socken dem Abtrieb durch Asphalt stand?