Momentaufnahmen

Was ist Realität? – Ich schaue im Traum in ein leeres Kindergesicht – erstarrt.

Was ist wirklich? – Dieser schöne Frühlingsanfang?

Wenn der Wind gerade nicht beißt, kann man schon Minigolfen.

Gäste sitzen am Südstrand mit Knieperbrötchen und warten auf die Ankömmlinge.

Die ‘Helgoland’ hat gerade angelegt und in einer Viertelstunde werden Koffer übers Pflaster rattern – die Luft von Ahs und Ohs und Gesprächen sirren.

Nur eine Fahne auf der Siemensterrasse zeigt, dass nicht alles wie jedes Jahr ist….

Die Basstölpel setzen ihren Zyklus fort.

Sie wissen nicht, was die großen Zweibeiner gerade anstellen. Ist auch egal, denn es ist Zeit,

die nächste Generation anzusetzen, .

Manchmal finde ich es beruhigend, dass diese ganze Herrlichkeit auch ohne uns Menschheit kann.

Dennoch – als Teil dieser Spezies finde ich es schade, womöglich den Auftrag so zu verfehlen:

‘Krone der Schöpfung’, das bedeutet nicht, sich diesen Planeten zu unterwerfen und sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.

Die Schöpfung zu krönen, wäre der Gesang auf die Schönheit dieser Welt und auf das Spiel mit ihr, ohne sie zu brechen.

Ich finde auf dem Friedhof diesen Engel –

wahrhaftig entrückt.

Denn irgendjemand nahm ihn dort fort, wohin er einmal als Schutzengel gesetzt worden war. Jetzt steht er neben dem Abfallplatz des Friedhofes – und wartet…..

‘Alles fließt’, sagte ein griechischer Philosoph vor ca. 2500 Jahren. –

“Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine….”

Drinnen und draußen

Drinnen liegt nicht nur mein Schreibtisch voll mit Arbeit.

Auch der Kopf ist voll.

Ich gehe nach draußen.

Kein tolles Sonnenwetter wie gestern

– ein wenig diesig verhangen ist die Welt um mich herum.

Im Draußen klärt sich die inwändige Welt, kommt zur Ruhe ….

der Felsen ist wie immer.

Die Basstölpelkolonie wächst

und die ersten Lummen drücken sich an die Klippe und wärmen sich gegenseitig.

Sollten wir Menschen es ihnen nicht gleich tun?

Der Krieg verroht alle Seiten – warum dürfen die ukrainischen Männer nicht einfach gehen und sich um ihre Familien kümmern?

Jemand hat einen Ruf in die Welt gesetzt

Ich halte Zwiesprache mit T.

und wir bewundern gemeinsam den Flug der Basstölpel – wie früher.

Als junge Frau schrieb ich an Häuserwände:

‘Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin.’

Wozu sind Kriege da?

Früh im Jahr ….

Seit zwei Wochen wird die Luft nach und nach milder,

das Tageslicht länger und die See trägt manchmal schon ihr Sommerkleid –

bevorzugt mittelblau mit Einschlägen von Türkis bis Grün.

Frühlingsboten trauen sich aus der Erde, sogar die ersten Osterglocken blühen schon.

Sonne bringt die Helgolandfarben zum Leuchten.

Gäste genießen die Sonne (heute seien 500 gekommen – hörte ich).

Die ersten Kirschknospen fand ich heute an einer geschützten Stelle.

Vor zwei Tagen standen wir hier am Falm.

Die Schule hatte sich einer Initiative der Borkumer Schulen angeschlossen.

Wir standen und schwiegen Richtung Südosten.

Unsere Schüler*innen bereiten einen Spendenlauf vor.

Solidarität mit der Ukraine findet man auf der ganzen Insel.

Man hat sich sogar bereit gefunden, ukrainische Geflüchtete aufzunehmen. Und der Sportverein wie auch das Tourismusbüro organisieren ebenfalls einen Spendenlauf.

Ein Gedicht von Celan geht mir die Tage durch den Kopf:

Espenbaum

Espenbaum, dein Laub blickt weiß ins Dunkel.
Meiner Mutter Haar ward nimmer weiß.

Löwenzahn, so grün ist die Ukraine.
Meine blonde Mutter kam nicht heim.

Regenwolke, säumst du an den Brunnen?
Meine leise Mutter weint für alle.

Runder Stern, du schlingst die goldne Schleife.
Meiner Mutter Herz ward wund von Blei.

Eichne Tür, wer hob dich aus den Angeln?
Meine sanfte Mutter kann nicht kommen.

Das ist die Realität des Krieges.

Ein Krieg zerreißt menschliche Beziehungen.

Er frisst die Seelen derjenigen, die im Krieg getötet haben.

Er frisst die Seelen derjenigen, die vertrieben wurden.

Er stiftet Gewalt – und in dieser ernährt er sich selbst.

“Krieg ist nicht beherrschbar.” Das sagte in den letzten Tagen ein weiser alter Mann – Alexander Kluge.

“Sieger ist nicht, wer die Schlachten gewinnt. Sieger ist, wer den Frieden herstellt.”

Nein, meine Söhne geb’ ich nicht …..