Ein letztes Zitat vom ehemaligen Inselarzt:
Stimmt.
Seit drei Tagen Sturm, keine Schiffe und auch die Inselflieger haben alle Flüge abgesagt.
Am Himmel ziehen Wolkenschlösser vorbei, die von Graf Dracula entworfen sein könnten.
Auf dem Weg zum Südhafen gehe ich in den Sailor’s Shop und kaufe ein Handbier. Im Radio läuft gerade “Kein Weg zurück” von Wolfsheim. Einer der seltenen Augenblicke, in denen der Dudelfunk die passende Musik spielt.
In der Hafenstraße warten die Baracken gegenüber der Feuerwehr immer noch auf ihre Gentrifizierung.
Dann gehe ich nach Hause, liege auf dem Bett und lese meinen Kropatscheck weiter.
Und ich weiß wieder: Wir sind alle Glückskinder, Wolfsheim-Musik hin oder her.
Vor ein paar Jahren wohnte ich in Essen im Ruhrgebiet in einer etwas vermoderten Villa, direkt neben der 24-Stunden-Tankstelle. Abgesehen von Bier und Chips rund um die Uhr konnte man bei extremer Langeweile auch am Wohnzimmerfenster abhängen und das Treiben rund um die Tanke ankucken, denn alle paar Tage müssen alle die Benzinosaurier dorthin:
Die Schrottlauben, die Ich-habe-sechsstellig-bezahlt-für-ein-Auto-Monster, die verbeulten Kurier- und Handwerker-Kleinbusse und einmal in der Woche der Tanklaster.
Irgendwie hat sich in dieser Hinsicht gar nicht so viel geändert, denn auch auf Helgoland wohne ich gegenüber der Bootstankstelle:
Ganz vorne die Diker, die die Forschungstaucher der Biologischen Forschungsanstalt hinausbringt, hinten rechts die Ebba 2, die die Tankstelle mit Nachschub versorgt und links eine Privatjacht, die zu gar nichts taugt, außer massenhaft Sprit in Abgase zu verwandeln und vielleicht dabei sexy auszusehen. Passenderweise heißt dieses unnütze Ding Cigarette.
Plus ça change, plus c’est la même chose, wie die Franzosen sagen ;-) .
Nichts besonderes. Aufs Meer gekuckt.
Nächte und Tage auf Helgoland von Walter Kropatscheck gelesen; das war der Inselarzt im zweiten Weltkrieg. Ein Tränchen weggewischt. Weitergelebt.
Das gelbe Ding im Binnenhafen ist nämlich unbemannt, wird von der Noorcat im Hintergrund ferngelenkt und sucht mit einer Unterwasserkamera nach Munitionsresten und Blindgängern im Binnenhafen.
Ja genau, nach 63 Jahren, immer noch. Krieg ist wirklich eine ganz schlechte Idee.
Ferngesteuerte gelbe Forschungs-U-Boote sind allerdings schon sehr cool. Wenn ich groß bin, will ich auch eins ;-) .
Ansonsten? Draußen weht es mit Windstärke 10, keine Schiffsverbindungen mehr und langsam, aber sicher verpfeifen sich alle Telefon- und Internetverbindungen, die über den Funkmast geroutet werden, in die Grauzone.
Im Oberland für einen älteren Herrn, der hingefallen war, den Krankenwagen gerufen. Vor den Hummerbuden wird gerade geheiratet. Ein Samstag.
Grau grau grau, langweilig langweilig langweilig.
Dann kommt der Wind und das Licht geht wieder an. Und Alles wird gut.
Wie, fragt ihr jetzt, ist das Alles, was es an wichtigen Neuigkeiten zu berichten gibt?
Naja, ansonsten waren noch ein 10-Port-Switch und zwei WLAN-Router platt. Geht jetzt wieder. Langweilig.