Switch off your f*cking cellphone

Jetzt gleich, wenn es um diesen Moment gehen soll.

Denkt, meinetwegen, einen Augenblick, über diesen ziemlich willkürlich gewählten Punkt in Raum und Zeit nach, Vergangenheit, Zukunft und all das Zeug.

Aber seid dort, wo immer ihr seid.

May god’s love be with you, always.

Liebe übliche Verdächtige!

Heute ist mein Postfach explodiert ;-).

In den letzten paar Tagen gab es durch den Sturm keine Post und ihr lagt alle noch in einem Container in Cuxhaven. Gestern hatte ich Rücken (argh, #$%&?!!!) und war zu jämmerlich, um zur Post zu laufen.

Ihr seid noch nicht ganz vollzählig, aber ein Trend scheint sich schon abzuzeichnen. Kerzen sind hier ja ganz wichtig, aber ihr seid wichtiger! Hach!

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Zuhause

Offiziell sind die Feiertage vorbei, der Sturm hat abgeflaut und es kommen wieder Fährschiffe mit Gästen auf die Insel.

Es gab dem Hörensagen nach ein paar langgezogene kollegiale Trinkfeste, aber ich habe gepaßt. In den Achtzigern fand ich das cool, aber heute nicht mehr so. Das trifft sich gut, denn gut dreißig Jahre später wäre die Rekonvaleszenz-Phase doch schmerzhaft lang. Und das mit dem “Stihille Nacht…” kann man ja auch mal ganz wörtlich nehmen.

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Also bin ich den größten Teil meiner Freizeit über zu Hause. Zuhause stellt sich hier als eine Art sehr geräumiger Schiffskajüte dar (plus dem Raum in meinem Kopf, den Welten in Büchern und auf diversen Festplatten und Flash-Speichern). Ein Umzug ist etwas komplizierter als sonst, denn du kannst dein Gerümpel nicht einfach selbst in einen Mietwagen laden. Der Wohnraum auf der Insel ist absurd teuer und ohne Hilfe des Arbeitgebers nahezu unbezahlbar. Das liegt größtenteils daran, daß die wirklich schönen Häuser zwar im Winter leer stehen, aber trotzdem als Sommer-Ferienwohnungen reserviert bleiben. 

Meine Möbel und kistenweise Zeugs sind immer noch in einem Keller auf dem Festland und nach einem guten halben Jahr frage ich mich allmählich, wozu ich sie früher überhaupt gebraucht habe. Tisch, Stuhl, Bett, Badezimmer und Küche. Ein paar Bücher, Schreibutensilien und eigentlich ist Alles da.

Tütenmilch für den Kaffee ist allerdings gerade ausgegangen und morgen ist Sonntag. Hmpf.

Weihnachten Nr. 53

Tja, mal wieder dieser Tag. Der Tag, an dem viele Menschen ihr Leben, ihre Wirklichkeit an einem eventuell übersteigerten, medial hochgekitschten Heile-Welt-Ideal messen. Das kann anstrengend sein oder auch enttäuschend.

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Glücklicherweise bleibt man hier auf der Insel (neben vielen anderen zeitgeistigen Unfällen) von der zweimonatigen Vorweihnachts-Hirnmassage weitgehend verschont. Ich tue, was ich sonst auch oft tue, laufe Richtung Norden zur langen Anna, zurück am Leuchtturm vorbei und schaue hinunter ins Dorf.

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Auf der Berliner Treppe biedert sich eine dreifarbige Katze an. Ja ja, meine Liebe, wenn du bloß nicht so komische Eßgewohnheiten hättest!

Ich denke an abwesende Freunde, die jetzt an wärmeren Stränden sitzen. Das läßt sich nicht ganz vermeiden.

Und hey, Leute, worum geht es denn heute – wenn überhaupt? Jaaahah, ich weiß, dieser ganze Kram gilt inzwischen als uncool bis politisch unkorrekt, aber die Geschichte dreht sich doch eigentlich um eine Patchwork-Familie mit Migrationshintergrund und am Rande der Obdachlosigkeit:

Verheiratet sind sie ja nicht und sie ist zwar hochschwanger, aber das Kind ist nicht von ihrem aktuellen Freund. Überhaupt ist das so eine mysteriöse Angelegenheit mit dem Vater. Und aufgrund von Buchungs- und Reservierungsproblemen kommt das Kind dann in der Hotelgarage zur Welt. Und das ist die Form (sagt die Legende), die der Erlöser der Welt sich ausgesucht hat, um zu uns zu kommen.

Ich gehe nach Hause, mache eine Suppe warm und lese was. Ein Mittwoch, und nicht einer der schlimmsten, die ich hatte ;-).

Nachtbus

500 Meter hinter meinem Küchenfenster ist die Haltestelle für den Nachtbus.

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Es ist so groß wie ein Bus. Es ist nachts unterwegs, wenn alle anderen Feierabend haben.

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Gnädigerweise hat es keine Werbebanderolen.

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Leider hab ich kein gültiges Ticket.

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Es kann sogar schwimmen wie ein Schiff, wenn Alles schiefgeht. Und glaubt mir, es macht viel, viel mehr Krawall als euer Nachtbus ;-).

Öl

Selbst der Weihnachtsmann fährt auf Helgoland elektrisch.

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Trotzdem: Auch wenn auf der Insel pro forma alle Fahrzeuge elektrisch angetrieben werden, kommt einmal im Monat der Tanker aus Cuxhaven (und im Sommer etwas öfter), denn die verschiedenen CTVs, der Rettungskreuzer und eine Reihe von Baustellenfahrzeugen auf der Insel brauchen Dieselöl.

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Bizarrerweise kam der Strom für die Elektrofahrzeuge bis 2009 ausschließlich von zwei Dieselgeneratoren (jeder etwa so groß wie eine der Hummerbuden im obigen Bild) im Nordostgelände der Insel. Dann wurde das Helgolandkabel von St. Peter-Ording verlegt und die Insel als die definitiv letzte Gemeinde in Deutschland an das Stromnetz auf dem Festland angeschlossen.

Von 1990 bis 1995 hatte die Insel auch eine eigene Windturbine. Die war aber meistens kaputt – die Idee war gut, aber die Technik nicht reif dafür. Strom aus den heutigen Windparks wird es auch nie direkt geben, das liegt an der aufwändigen Umspanntechnik, die man bauen muß, wenn man eine so lange (Unterwasser-) Leitung hat. Lasst euch mal von einem Hochenergie-Elektriker oder der W*kipedia den Sheathing-Effekt erklären.

Ganz nebenbei kann man hier auch meine Wohnung erkennen. Einfach die merkwürdige Gangway anpeilen, die mittschiffs vom Tanker aufsteigt (in Wirklichkeit ist es das Rigg für den Tankschlauch) und direkt darüber ist mein Zimmerfenster.

(Hallo Tante Else, ich bin im Fernsehen Internet!!! ;-)

Lesezeichen

Die Bibliothekarin hat angerufen. Ich habe mein Lesezeichen in einem der letzten Bücher steckengelassen.

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Die beiden Mädels waren lange Jahre meine Schutzengel, sie schienen aus einer anderen, besseren Welt zu stammen. Viele Jahre später las ich dann, daß beide von den Nazis ermordet wurden. Sonia von den Nazis ermordet wurde. Nusch ist mit 40 an einem Hirnschlag gestorben. Seufz.

Sie sind immer noch meine… ach, was weiß ich.

Endlos

Es gibt hier nicht so viel Terminstreß. Besonders im Winter ticken die Uhren eher im Stunden- als Minutentakt.

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Warum auch anders? In der vergangenen Woche kam kein Fährschiff und der Inselfrachter lag fünf Tage hier fest, weil die Rückfahrt zu riskant war. Bei 1.000 verbliebenen Einwohnern sehe ich auf dem Weg zum Supermarkt mit Sicherheit keine anderen Menschen als gestern. Oder vorgestern oder letzte Woche.

Abgeschiedenheit? Klaustrophobie? Inselkoller? Geh zum Westufer und denke: Endlos.

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Natürlich ist das eine Illusion, erzeugt durch die Tatsache, daß die Erde eine Kugel ist. Es sind nur 70 Kilometer bis zur nächsten Pommesbude.

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